Chengdu Teil 2: Spiritualität, Naturwunder und Sichuan-Küche in den UNESCO-Welterbestätten Qingcheng-Gebirge und Dujiangyan

Die Stadt Chengdu und die gesamte Metropolregion gelten als bedeutendes religiöses und spirituelles Zentrum, das mit seinen zahlreichen Tempeln, Klöstern und historischen Stätten Pilger und Touristen gleichermaßen anzieht. Heute möchten wir die nächste drei UNESCO-Welterbestätten (beim letzten Mal haben wir euch bereits eines der Panda-Resorts in Chengdu vorgestellt) der Region näher vorstellen: den Berg Qingcheng (青城山, Qīngchéng Shān) und das Bewässerungssystem von Dujiangyan (都江堰). Beide Stätten wurden im Jahr 2000 gemeinsam in die Welterbeliste aufgenommen und sind auf jeden Fall einen Besuch wert!


Ein Vorgeschmack auf Chengdu und die Fahrt zum Qingcheng-Gebirge

Bereit für den Ausflug in die Berge beginnen wir unseren ersten Tag in Chengdu mit einem typisch chinesischen Frühstück direkt neben unserem Hotel. Es gibt Jianbing – eine Art traditioneller chinesischer Pfannkuchen oder Crêpe, der ursprünglich aus Nordchina stammt. Man findet sie überall an kleinen Straßenständen, vor allem in den belebten Fußgängerzonen. Die dünnen, knusprigen Pfannkuchen werden aus Weizen- und Bohnenmehl zubereitet und mit allerlei Zutaten belegt. Und das Beste: Man kann live dabei sein! Der Teig wird auf einer heißen Platte ausgebreitet, mit einem rohen Ei bestrichen und nach Belieben belegt.

Unser Jianbing wird mit einer klassischen Jianbing-Sauce und einer Reihe von Zutaten serviert: knusprige Kartoffelstreifen, scharfe eingelegte Chilischoten, salzig-säuerliche Bohnen, herzhafte, leicht geräucherte chinesische Wurst (normalerweise bin ich kein Fan davon, aber hier hat es super gepasst!), frischer Salat, Frühlingszwiebeln und ein knuspriger Cracker. Das Ergebnis ist ein wahres Feuerwerk an Aromen und Texturen: herzhaft, scharf, säuerlich, frisch, knackig, würzig, umami und stellenweise sogar ein bisschen süß. Unser absolutes Lieblingsfrühstück in China – und das zu einem unschlagbaren Preis (meist unter 1 Euro pro Portion)!

Nach einer kurzen Garzeit wird das Jianbing zusammengefaltet und in einer kleinen Tüte zum Mitnehmen serviert – der perfekte Snack für unterwegs!

Besichtigung des Tianfu-Platzes und Weiterfahrt zum Qingcheng-Gebirge

Frisch gestärkt machen wir uns auf den Weg ins Herz der Stadt, zum Tianfu-Platz (天府广场). Dieser Platz ist nicht nur das kulturelle, wirtschaftliche und politische Zentrum der Stadt, sondern auch ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt.

Ursprünglich auf dem Gelände eines alten Kaiserpalastes errichtet, besticht er heute durch einen weitläufigen Platz mit einem Yin- und Yang-Symbol in der Mitte sowie durch moderne Architektur.

Nach einem kurzen Aufenthalt am Tianfu-Platz steigen wir in die U-Bahn-Station ein, kaufen ein Ticket und fahren mit der Linie 2 etwa 30 Minuten bis zur Station Xipu (犀浦站).

Von dort mit dem Hochgeschwindigkeitszug nach Qingshenshang – die Fahrt dauert etwa eine halbe Stunde und kostet ca. 10 RMB pro Person. Tickets können bequem online gebucht werden, z.B. bei Trip.com. Am Ziel angekommen, bringt uns ein Bus zum Eingang der Tempelanlage.

Der Berg Qingcheng: Ein Refugium für Natur und Spiritualität

Das Qingcheng-Gebirge zeichnet sich durch dichte Wälder, sanfte Hänge, tiefe Täler, klare Bäche und eine üppige Flora und Fauna aus. In der chinesischen Literatur wird es oft als „der friedlichste und einsamste Ort unter dem Himmel“ beschrieben.

Der Name Qingchengshan (青城山, Qīngchéng Shān) setzt sich aus drei chinesischen Schriftzeichen zusammen, von denen jedes eine bestimmte Bedeutung hat:

  • 青 (Qīng): Dieses Schriftzeichen bedeutet „grün“ oder „blau“ und steht für Frische, Leben und Natur. Es spiegelt die üppige Vegetation und die natürliche Schönheit des Berges wider.
  • 城 (Chéng): Bedeutet „Stadt“ oder „Mauer“. Im Namen Qingchengshan bezieht es sich auf die Berglandschaft, die wie eine natürliche Festung oder ein geschützter Raum wirkt.
  • 山 (Shān): Dieses Schriftzeichen bedeutet „Berg“ oder „Gebirge”.

Der Haupteingang findet ihr unter einem majestätischen Tor mit der Inschrift 山城青 (Shān Chéng Qīng). Dabei handelt es sich um eine umgekehrte Version des Bergnamens 青城山 (Qīng Chéng Shān). Diese spielerische Umkehrung der Zeichenfolge ist ein Beispiel für die kunstvolle und oft poetische Gestaltung von Inschriften in der chinesischen Kultur.

Wanderungen auf gut ausgebauten Bergpfaden bieten atemberaubende Ausblicke und die Möglichkeit, die friedliche Atmosphäre in vollen Zügen zu genießen. Mit etwas Glück können Besucher taoistische Zeremonien live miterleben, manchmal sogar aktiv daran teilnehmen – oder einfach nur die Ruhe und Spiritualität dieses Ortes auf sich wirken lassen.

Die Wiege des Daoismus

Der Berg Qingcheng und der dazugehörige Tempelkomplex gelten als einer der Geburtsorte des Daoismus, einer der wichtigsten philosophischen und religiösen Traditionen Chinas. Der Legende nach gründete Zhang Daoling, der erste „Himmelsmeister“ des Daoismus, hier im 2. Jahrhundert n. Chr. die Schule der „Fünf Scheffel Reis“ und legte damit den Grundstein für die organisierte Form des Daoismus. Seitdem ist der Berg ein bedeutendes Pilgerziel für Daoisten und beherbergt zahlreiche Tempel und Klöster. Während der Jin- und Tang-Dynastie entstanden weitere Tempel, und der Berg entwickelte sich zu einem spirituellen und philosophischen Zentrum, das über Jahrhunderte Bestand haben sollte.

Wiederaufbau nach dem Erdbeben von 2008

On May 12, 2Am 12. Mai 2008 erschütterte das verheerende Wenchuan-Erdbeben (汶川地震, Wènchuān Dìzhèn) mit einer Stärke von 8,0 auf der Richterskala die chinesische Provinz Sichuan. Es war eines der zerstörerischsten Erdbeben in der Geschichte Chinas. Der Berg Qingcheng, der sich in der Nähe des Epizentrums befindet, wurde stark in Mitleidenschaft gezogen – viele historische Tempel und Gebäude wurden schwer beschädigt. Dank umfangreicher Restaurierungsarbeiten konnten jedoch große Teile der kulturellen und religiösen Stätten wiederhergestellt werden, so dass der Berg heute wieder in altem Glanz erstrahlt.

Startklar für den Aufstieg

Nach einem kurzen Snack an einem der Imbissstände direkt an der Endhaltestelle des Shuttlebusses – hier gibt es leckere chinesische Teigtaschen, sogenannte Jiaozi – und einem kurzen Fußweg befinden wir uns auch schon am Eingang der Tempelanlage.

Bevor es losgeht, müsst ihr – falls noch nicht geschehen – ein Eintrittsticket kaufen. DIe Preise varrieren, je nachdem ob ihr mit der Seilbahn fahren (Tickets sind auch an den Stationen erhältlich), nur den vorderen Teil des Berges oder auch den hinteren Teil erkunden möchtet. Erwachsene zahlen etwa 90–110 RMB, Kinder weniger oder haben ggf. sogar freien Eintritt.

Hier erhaltet ihr auch eine Karte des Berges, die allerdings für alle, die des Chinesischen nicht mächtig sind, eher einem Rätselspiel gleicht. Aber keine Sorge: Entlang der Wege findet ihr immer wieder gut gekennzeichnete Wegweiser.

Für die Vorder- und Rückseite des Berges sind in der Regel getrennte Fahrkarten erforderlich. Die Vorderseite ist vor allem auf Tempelbesuche ausgerichtet und bietet zahlreiche kulturelle und spirituelle Sehenswürdigkeiten. Auf der Rückseite hingegen stehen Wandern und Natur im Vordergrund. Während die Vorderseite in etwa einem halben Tag erkundet werden kann, erfordert die Rückseite mehr Ausdauer und nimmt meist einen ganzen Tag in Anspruch – hier erwartet den Besucher ein anspruchsvolleres Bergabenteuer.

Der Gipfelsturm beginnt

Der Aufstieg zum Gipfel des Qingcheng🎬 führt uns vorbei an rauschenden Wasserläufen, markanten Felsformationen, smaragdgrünen Wäldern – die besonders gegen Ende der Regenzeit in Chengdu in sattem Grün erstrahlen.

Unterwegs treffen wir außerdem auf zahlreiche Tempel und Höhlen, von denen jede ihre eigene spirituelle und religiöse Bedeutung hat.

Überall begegnen uns spirituelle und religiöse Symbole: Gebetstafeln, Gebetskerzen, Räucherstäbchen (chin.: Xiāng, 香), Felsformationen in Form von Yin und Yang, Altäre mit Heiligenfiguren und Opfergaben. Hin und wieder treffen wir auch auf einen der vielen Mönche des Klosters, die an ihren einfachen, meist blauen Gewändern zu erkennen sind.

Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten am Qingcheng-Berg

Direkt neben dem Haupteingang befindet sich einer der ältesten und wichtigsten Tempel, der Jiànfú Gōng (建福宫), Ausgangspunkt vieler Touristen und Pilger. Der Eintritt ist frei. Der Tempel wurde während der Tang-Dynastie (618-907 n. Chr.) erbaut und ist dem taoistischen Himmelsmeister Zhang Daoling gewidmet. Der Name 建福宫 (Jiànfú Gōng) bedeutet übersetzt „Palast des erbauten Glücks oder Segens“ und symbolisiert den Wunsch nach Wohlstand, Frieden und spiritueller Erfüllung.

Die Tianshi-Höhle (天师洞), zu Deutsch „Höhle des Himmelsmeisters“, ist einer der ältesten und bedeutendsten Tempel im Qingchengshan. Er wurde zu Ehren von Zhang Daoling, dem Begründer des religiösen Daoismus, errichtet. Der Legende nach ist die Höhle der Ort, an dem Zhang Daoling meditierte und lehrte.

Sehenswert ist auch der Ahnentempel (祖师殿, Zǔshī Diàn), ein Ort der Verehrung und Meditation, der anderen daoistischen Meistern vergangener Zeiten gewidmet ist. Etwas abseits gelegen, bietet er eine ruhige und friedliche Atmosphäre, die zum Innehalten einlädt.

Eines unserer Highlights war die Chaoyang-Grotte (朝阳洞), in der ein Tempel direkt in eine Felswand gebaut wurde. Vor allem in der Regenzeit fließt Wasser die Wand hinunter und ergießt sich über die Besucher. In der taoistischen Tradition symbolisiert Wasser Erneuerung und den Fluss des Lebens – seine Präsenz verleiht dem heiligen Ort eine besondere spirituelle Kraft. Viele Pilger und Besucher betrachten das Wasser als gesegnet und nutzen es für rituelle Waschungen oder trinken es, um spirituelle Reinheit zu erlangen.

Auf halber Höhe befindet sich der Shangqing-Palast (上清宫). Er ist dem Jadekaiser (玉皇, Yù Huáng), einer der höchsten Gottheiten des Taoismus, gewidmet und ein wichtiger Ort für taoistische Rituale und Zeremonien.

Beim Fünf-Höhlen-Himmel (五洞天, Wǔ Dòngtiān) handelt es sich um eine Reihe von fünf natürlichen Höhlen, die durch beeindruckende Felsformationen entstanden sind. Diese sind durch Wege und Stege miteinander verbunden und symbolisieren im Daoismus die Verbindung zwischen Himmel und Erde.

Sie gelten als heilige Durchgänge, durch die spirituelle Energie fließt. Jede Höhle repräsentiert eines der fünf daoistischen Elemente Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser, die im Daoismus eine zentrale Rolle spielen. Ein faszinierender Ort, der Natur und Spiritualität auf einzigartige Weise verbindet.

Auf dem Gipfel des Qingchengshan (青城山) angekommen, erreichen wir den Laojun-Pavillon (老君阁) auf 1.260 Metern Höhe – eine der Hauptattraktionen des Berges.

Der Pavillon ist im traditionellen chinesischen Stil erbaut, mit geschwungenen Dächern, roten Säulen und kunstvollen Verzierungen. Von hier aus hat man einen atemberaubenden Blick auf die umliegenden Berge.

Der Pavillon ist Laozi gewidmet, dem legendären chinesischen Philosophen und zentralen Meister des Daoismus. Er symbolisiert die Verbindung zwischen Himmel und Erde und ist ein wichtiger Ort für taoistische Rituale, Meditation und Pilgerfahrten.

Abfahrt mit der Seilbahn und Erkundung des Yuecheng-Sees

Da die Zeit knapp ist und wir noch einiges vorhaben, machen wir uns auf den Weg zur Seilbahnstation Qingcheng (青城前山索道, Qīngchéng Qiánshān Suǒdào). Die Fahrt ins Tal dauert ca. 5-10 Minuten und bietet fantastische Ausblicke auf dichte Wälder, schroffe Felsen und daoistische Tempel, die sich harmonisch in die Landschaft einfügen. Ein perfekter Abschluss für unseren Besuch auf dem Qingchengshan!

Nach der Ankunft an der Talstation erreichen wir den Yuecheng-See (月城湖), den man entweder zu Fuß umrunden oder mit dem Boot überqueren kann (Bootsfahrten kosten extra, ca. 10-20 RMB pro Person). Der See ist ein echter Hingucker: Umgeben von üppiger Vegetation, grünen Hügeln und dichten Wäldern, die ihm eine ruhige, fast mystische Atmosphäre verleihen. Das klare, spiegelglatte Wasser reflektiert die umliegende Landschaft und bietet ein malerisches Panorama. Kleine Brücken und gepflegte Wege laden zu einem Spaziergang ein und bieten zahlreiche Fotomotive.

Nach der Bootsfahrt machen wir uns auf den Weg zum Ausgang der Anlage und mieten uns für ein paar RMB ein privates Tuktuk (Tipp: Nie den ersten Preis akzeptieren – immer kräftig handeln!).


Ausflug nach Dujiangyan

Am Ausgang warten bereits zahlreiche Taxifahrer auf uns. Nach einigen Diskussionen und langen Verhandlungen einigen wir uns schließlich auf einen Preis für die Fahrt zu unserem letzten Ziel für heute: der antiken Bewässerungsanlage in Dujiangyan.

2.000 Jahre alte Ingenieurskunst

Das alte Bewässerungssystem von Dujiangyan (都江堰) wurde um 256 v. Chr. während der Zeit der Streitenden Reiche von Li Bing, dem Gouverneur der Region Shu, und seinem Sohn erbaut. Es wurde errichtet, um den Minjiang-Fluss (岷江, Mínjiāng), einen Nebenfluss des Yangtze (长江, Chángjiāng), zu regulieren, Überschwemmungen zu verhindern und gleichzeitig das umliegende Ackerland zu bewässern.

Besonders bemerkenswert ist, dass dieses uralte Wassermanagementsystem gänzlich ohne Staudämme auskommt. Stattdessen nutzt es eine geschickte Kombination aus natürlicher Topographie, Wehren, Kanälen und Schleusen, um das Wasser des Minjiang-Flusses zu kontrollieren und in die bewässerungsbedürftigen Gebiete der Chengdu-Ebene zu leiten. Es ist noch heute in Betrieb und spielt eine entscheidende Rolle für die Landwirtschaft und die Wasserversorgung der Region.

Ankunft an der Südbrücke: Ein Tor zur Geschichte von Dujiangyan

Wir werden an der Südbrücke (南橋, Nánqiáo) abgesetzt, einer der historischen Brücken in der Stadt Dujiangyan und ein beeindruckendes Beispiel traditioneller chinesischer Architektur und Ingenieurskunst. Sie spielt eine wichtige Rolle für den Zugang und die Nutzung des Bewässerungssystems, da sie den Neijiang (内江), einen der Hauptkanäle von Dujiangyan, überquert.

Nachdem wir die Brücke mit ihren geschwungenen Dächern, kunstvollen Schnitzereien und Steinstrukturen überquert haben, schlendern wir durch die malerische Altstadt (Gǔchéng, 古城) von Dujiangyan, die sich entlang des Kanals erstreckt. Hier gibt es viele Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants.

Delikatessen aus Sichuan

Da wir vom Wandern und den vielen Eindrücken des Tages mittlerweile richtig hungrig sind, kehren wir in ein Restaurant ein, das typische Gerichte der Region serviert. Diese kulinarischen Eindrücke wollen wir euch natürlich nicht vorenthalten – schließlich sind wir hier, um euch auf eine kulinarische Entdeckungsreise mitzunehmen!

Wir haben es auf eine besondere Spezialität aus Sichuan bzw. der Metropolregion Chengdu abgesehen, die für viele zunächst gewöhnungsbedürftig erscheinen mag: Kaninchenfleisch. Die Sichuan-Küche ist berühmt für ihre Vielfalt und ihren einfallsreichen Umgang mit verschiedenen Eiweißquellen. Kaninchengerichte sind ein fester Bestandteil der kulinarischen Identität der Region und haben eine lange Tradition. Für Besucher sind sie oft eine Art „Mutprobe“ oder kulinarisches Abenteuer.

Làjiāo Chǎo Tùròu (辣椒炒兔肉), gebratenes Kaninchenfleisch mit scharfen Chilischoten, ist ein klassisches Gericht der chinesischen Küche, das vor allem in Sichuan und Hunan beliebt ist. Hier trifft zartes Kaninchenfleisch auf die feurige Schärfe der Chilischoten und eine aromatische Gewürzmischung aus Knoblauch, Ingwer, Sichuanpfeffer, Sternanis und Sojasauce – typisch für die Küche dieser Regionen.

Das zarte, mundgerecht geschnittene Kaninchenfleisch wird durch eine Marinade aus Sojasauce, Reiswein, Stärke und etwas Öl saftig gehalten und nimmt die Aromen der Gewürze perfekt auf. Chilischoten und Sichuanpfeffer sorgen für die charakteristische Schärfe und das typische „Ma La” – ein prickelndes Gefühl auf der Zunge. Knoblauch, Ingwer und Sojasauce verleihen dem Gericht zusätzlich Tiefe und eine herzhafte Umami-Note.

In der asiatischen und vor allem in der chinesischen Küche wird bekanntlich alles vom Tier verwertet. Was uns hier in Sichuan besonders ins Auge sticht, ist ein beliebtes Streetfood, das an vielen Ständen und in vielen Restaurants angeboten wird: Xiānglà Tùtóu (香辣兔头) – scharf gewürzter Kaninchenkopf. Klingt verrückt, sieht verrückt aus und ist doch eine echte Delikatesse. Ein ganzer Kaninchenkopf wird in einer Marinade aus Sojasauce, Reiswein, Ingwer, Knoblauch und anderen Gewürzen eingelegt und dann in einem Topf mit Wasser, Sichuanpfeffer, Sternanis, Zimt und getrockneten Chilischoten gekocht, bis das Fleisch butterweich ist. Anschließend wird es in einer scharfen Sauce aus Chiliöl, Doubanjiang (fermentierte Bohnenpaste), Knoblauch, Ingwer und anderen Gewürzen geschwenkt, die ihm seinen charakteristischen, feurig-aromatischen Geschmack verleiht.

Xiānglà Tùtóu ist bekannt für seine intensive Schärfe, die durch die Kombination von Sichuanpfeffer und Chilischoten entsteht. Der Sichuanpfeffer sorgt dabei für das typische „Mala-Kribbeln“ auf der Zunge. Das Fleisch ist zart, saftig und nimmt alle Gewürzaromen hervorragend auf.

Einige Tipps zum Verzehr: Da das Gericht sehr scharf und ölig ist, am besten die beiliegenden Plastikhandschuhe benutzen, um die Hände sauber zu halten. Teilt den Kaninchenkopf vorsichtig mit den Händen und arbeitet euch dann Stück für Stück vor. Die Backen sind am fleischigsten und zartesten – löst sie einfach mit den Fingern oder Zähnen vom Knochen. Die Zunge ist besonders zart und saftig und lässt sich leicht herausziehen. Wer sich traut, kann auch das Gehirn mit einem Strohhalm oder Löffel heraussaugen. Die Ohren sind knorpelig und bieten eine einzigartige Textur zum Knabbern und Genießen.

Aber natürlich wollen wir nicht nur Kaninchenfleisch probieren und entscheiden uns für einen weiteren Klassiker der Sichuan-Küche: die sauer-scharfe Fischsuppe mit goldener Brühe (Jīntāng Suānlà Yú, 金汤酸辣鱼). Hier trifft zarter Fisch auf viel Gemüse und eine goldene, scharf gewürzte Brühe.

Die goldene Farbe der Brühe stammt von gelben Zutaten wie Chilischoten, Kurkuma oder Bohnenpaste. Sie ist scharf und hat eine angenehme Säure, die zum Beispiel durch Essig oder Sauerkrautsaft entsteht. Neben weißem Fisch wie Tilapia oder Seelachs finden sich auch weicher Tofu, Bambussprossen und andere Gemüsesorten in unserer Schale.

Jīntāng Suānlà Yú ist ein intensives Geschmackserlebnis: Die goldene Brühe ist würzig-scharf mit einer erfrischenden Säure. Der Fisch bleibt zart und saftig, während Tofu und Gemüse für abwechslungsreiche Texturen sorgen. Knoblauch, Ingwer und Sichuanpfeffer verleihen dem Ganzen Tiefe und Komplexität. Alles in allem eine perfekte Mischung aus Schärfe, Säure und Umami.

Um unseren Magen nach all den feurigen Sichuan-Gerichten etwas zu beruhigen, bestellen wir zum Abschluss eine Portion Krabbenrogentofu (Xiè Huáng Dòufu, 蟹黄豆腐). Dabei handelt es sich um weichen, seidigen Tofu, der mit edlem Krabbenrogen, dem sogenannten Xiè Huáng (蟹黄) verfeinert wird.

Krabbenrogen-Tofu ist cremig, reich an Umami und einfach unwiderstehlich. Die Sauce ist seidig und vollmundig, der Tofu butterzart. Der Krabbenrogen verleiht dem Ganzen eine leicht körnige, aber feine Textur und einen tiefen, delikaten Geschmack, der durch Ingwer und Knoblauch abgerundet wird. Ein Traum für die echten Gourmets unter euch!

Abendspaziergang am beleuchteten Neijiang„Blue Tears“-Spektakel in Dujiangyan

Nach einem guten Abendessen mit Sichuan-Spezialitäten machen wir uns auf den Rückweg zum Neijiang-Fluss und zur Nanqiao-Brücke. Inzwischen ist es Abend geworden und die Brücke erstrahlt in festlichem Licht, während das Wasser darunter in Blau- und Türkistönen schimmert. Die nächtliche LED-Beleuchtung des Flusses und der Brücken ist Teil eines größeren Projekts, das Dujiangyan als kulturelles und touristisches Zentrum fördern soll.

Die Lichter tanzen auf der Strömung des Flusses und erzeugen die Illusion von „blauen Tränen“, die durch das Wasser fließen.

Von der Nanqiao-Brücke spazieren wir den Neijiang flussaufwärts. Das faszinierende Lichtspiel begleitet uns, während das Wasser durch die verschiedenen Abschnitte des Bewässerungssystems fließt. Schließlich erreichen wir die Tianfuyuan-Brücke (天府源), eine weitere beeindruckende historische Brücke, die Teil des antiken Systems ist.

Hier teilt sich der Neijiang in mehrere Kanäle oder Arme. Diese Verzweigung ist kein Zufall, sondern das Ergebnis des genialen Designs des Dujiangyan-Systems, das vor mehr als 2.200 Jahren entwickelt wurde.

Zahlreiche Laternen tauchen die Brücke in ein warmes, goldenes Licht. Darunter befindet sich ein Wehr, das das lebendige Wasser in ein faszinierendes Spiel von Strömungen und Wellen verwandelt – im Schein der blauen Beleuchtung wirkt das Ganze besonders dramatisch.

Das Wasser glitzert, fließt mit spürbarer Kraft, und im Hintergrund zeichnen sich die Berge als dunkle Silhouetten am Horizont ab. Man hört das Rauschen des Wassers, das durch die Wehre strömt, und das Stimmengewirr der unzähligen Besucher, die sich an diesem beeindruckenden Schauspiel erfreuen.

Unser Spaziergang endet schließlich am Guanxian Xuanhua Tor, einem beeindruckenden historischen Tor, das den Eingang zur Altstadt von Dujiangyan markiert. Festlich beleuchtet wirkt es wie ein Portal in eine längst vergangene Zeit.

Von hier aus bestellen wir uns ein Didi (das chinesische Uber) und fahren zur Dujiangyan Railway Station. Dort angekommen warten wir nur noch wenige Minuten auf unseren Zug zurück nach Xipu.

Nach einem Ausflug über die Stadtgrenzen von Chengdu hinaus zieht es uns nun wieder mitten in die Stadt. Im Wuhou-Schrein (武侯祠) tauchen wir tief in das Erbe der Drei Reiche ein, schlendern anschließend durch das charmante Kuanzhai Xiangzi (宽窄巷子) – die “Breiten und Schmalen Gassen” – und genießen die entspannte Atmosphäre im Volkspark (人民公园). Bleibt dran – Chengdu hat noch viel mehr zu bieten!

5 Kommentare zu „Chengdu Teil 2: Spiritualität, Naturwunder und Sichuan-Küche in den UNESCO-Welterbestätten Qingcheng-Gebirge und Dujiangyan“

  1. Normalerweise bekomme ich eher politische Nachrichten über China zu sehen. Ich finde es wirklich gut, dass diese Website eine andere Seite des Landes zeigt. Macht weiter so!

Kommentar verfassen

Nach oben scrollen